"Star Dust" - das Flugzeug, das über 50 Jahre lang verschwand - und seine mysteriöse letzte Nachricht


AGWH Stardust G-AGWH
Am 2. August 1947 startete eine Flugzeug des Typs Avro 691 Lancastrian 3 der 1949 von der British Overseas Airways Corporation (BOAC) übernommenen Fluggesellschaft British South American Airways (BSAA) mit dem klangvollen Namen "Star Dust" (Sternenstaub, in vielen Publikationen fälschlicherweise als Stardust bezeichnet) und der Luftfahrzeugkennung G-AGWH mit 5 Crew-Mitgliedern und 6 Passagieren zu einem Flug über die Anden von Buenos Aires (Argentinien) nach Santiago (Chile). Das Flugzeug kam nie am Ziel-Flughafen an. Stattdessen erhielt der Funker in Santiago um 17.41 Uhr von Dennis Harmer, dem Funker der "Star Dust", folgende Morse-Nachricht:

"ETA SANTIAGO 17.45 STENDEC"

Der Flughafen-Funker gab später an, das Signal wäre laut und deutlich gewesen, und daß die Morsezeichen sehr schnell gesendet wurden. Doch er verstand die Bedeutung des Wortes "STENDEC" nicht. Auf seine Nachfrage hin wurde dasselbe Wort noch zweimal wiederholt. Dann verschwand die "Star Dust", nur wenige Minuten vor der Landung, ohne einen weiteren Funkkontakt. Eine sofort eingeleitete massive Suche nach dem Flugzeug in den Anden blieb erfolglos... für eine halbe Ewigkeit.

An Bord befanden sich insgesamt 11 Personen, von denen 8 Briten waren. Davon 3 als Passagiere und 5 als Crew-Mitglieder. Die restlichen 5 Passagiere waren ein Palestinenser, ein Schweizer und eine Deutsche. Die Britischen Passagiere waren Peter Young (41), Eric Gooderham (43) und ein diplomatischer Gesandter seiner Majestät Paul Simpson (44). Die Crew bestand aus Reginald Cook (29), es war sein erster Flug als Captain, dem Ersten Offizier Norman Cook (31) aus Maindenhead und dem Zweiten Offizier Donald Checklin (27) aus Hayes, allesamt ehemalige RAF-Piloten. Der Mann am Funkgerät war Dennis Harmer (27) aus Wimbledon. Nicht zu vergessen, die Stewardess Iris Evans (26) aus Wembley.


Besatzung und Passagiere an Bord der "Star Dust"

Rolle an Bord Name und Alter Herkunft weiteres
Captain Reginald James Cook (29) England Ex-RAF-Pilot
Erster Offizier Norman Hilton Cook (30/31) Maindenhead, England Ex-RAF-Pilot
Zweite Offizier Donald Checklin (27) Hayes, England Ex-RAF-Pilot
Funker Dennis Harmer (27/28) Wimbledon, England  
Stewardess Iris Moreen Evans (26) Wembley, England  
       
Passagier Eric John Salt Gooderham (43) Engländer, zugestiegen in Buenos Aires  
Passagier Paul Simpson (44) Engländer, zugestiegen in London, England ein Diplomat seiner Majestät mit geheimen Unterlagen
Passagier Marta Limpert (67) Deutsche, zugestiegen in London, England Deutsche mit Chilenischer Staatsbürgerschaft, trägt in einer Urne die Überreste ihres eingeäscherten Mannes bei sich
Passagier Casis Said Atallah Palestinenser, zugestiegen in London  
Passagier Harold Pagh Schweiz  
Passagier Peter Young Engländer, zugestiegen in Buenos Aires  


Der britische Gesandte seiner Majestät mit seinem geheimen Auftrag war vielerorts schnell Dreh- und Angelpunkt einer Bomben-Theorie. Immerhin, nicht jeder schloß sich dem Glauben an kleine grüne Aliens an. Aber weder die eine, noch die andere, noch irgendeine völlig andere Theorie wurden jemals mit Sicherheit bestätigt oder widerlegt, bis...

Das Mysterium um das Verschwinden der "Star Dust" sollte noch weitere 53 Jahre bestehen bleiben; genug Zeit also für eine Reihe von UFO- und anderen Theorien, die sich schnell um die eigenartigen Vorfälle rankten.
Im Februar des Jahres 2000 tauchten Teile des abgestürzten Flugzeugs auf einem Gletscher in den Anden unterhalb des 6.800 Meter hohen Tupungato zwischen Argentinien und Chile auf, etwa 50 km von der Stelle entfernt, von der sich die "Star Dust" zuletzt gemeldet hatte. Unter den Trümmern fanden sich menschliche Überreste, die zur Identifikation einer DNA-Analyse unterzogen wurden, ein noch prall mit Luft gefüllter Reifen des Fahrgestells der "Star Dust" und einer der Rolls-Royce-Motoren samt Propeller. Anhand der Beschädigung des Propellers konnte man darauf schließen, daß er beim Aufschlag mit für den Flug üblicher Drehzahl arbeitete. Ein Motorschaden schied bei der Suche nach der Absturzursache folglich aus.

Nachdem also Teile des Wracks und diverse Leichenteile auf dem Tupangato-Gletscher gefunden wurden, konnte man eine Entführung des gesamten Flugzeugs durch Außerirdische ausschließen. Die Theorie um den geheimnisvollen Diplomaten und einem ihm geltenden Bombenanschlag konnte dann auch recht zügig widerlegt werden, denn die Wrack-Teile eines Flugzeugs, das in der Luft explodiert, verteilen sich über viele Kilometer am Boden. Die Trümmer der "Star Dust" aber lagen für einen Bombenanschlag völlig untypisch relativ dicht beieinander, sodaß man davon ausgehen muß, daß das Flugzeug in einem Stück auf den Boden aufschlug und erst dann zerbarst.


Folgende Fragen stellten sich:

Warum dauerte es 53 Jahre, bis die "Star Dust" entdeckt wurde, obwohl Suchmannschaften das Gebiet um die Flugroute weiträumig abgesucht hatten?

    Nach intensiven Nachforschungen an der Absturzstelle konnte man davon ausgehen, daß die "Star Dust" in den oberen Teil des Gletschers einschlug und unter den Schneemassen einer sich dadurch lösenden Lawine begraben wurde. Im Laufe der Jahre sammelten sich immer mehr Schneemassen an der Oberfläche und drückten die unteren Schichten des Gletschers mitsamt den Wrack-Teilen langsam aber stetig bergabwärts, wie es Gletschern nunmal eigen ist. In den unteren Bergregionen schmolz das Eis und enthüllte so nach einem halben Jahrhundert Stück für Stück seine konservierte "Fracht".

Warum stürzte die "Star Dust" überhaupt ab und warum war sie 50 km vom Kurs abgekommen?

    Nach intensiven Studien der damaligen Wetterkarten und den spärlichen Informationen, die aus der damaligen Zeit noch verblieben sind, rekonstruierten Spezialisten verschiedenster Fachgebiete die damaligen Geschehnisse wie folgt:

    Die Lancaster-Maschine war bauartbedingt in der Lage, in großen Höhen zu fliegen. Am Abend des 2. August 1947 herrschte ein Unwetter in der Flugrinne durch die Anden, sodaß der Pilot die "Star Dust" auf etwa 24.000 Fuß (gut 7.300 Meter) aufsteigen ließ, um über die Schlechtwetter-Front hinwegzufliegen. Dies war wie gesagt noch kein Problem, da die "Star Dust" für solche Flughöhen durchaus tauglich war. In dieser Höhe jedoch begegnete die Maschine einem Phänomen, das bis dato noch völlig unbekannt war, da sich fast nie ein Flugzeug in solchen Höhen aufhielt - dem Jetstream!

    Interludium:

    Ach so! Jetstream! Na klar! Wieso ist man nicht gleich drauf gekommen!?!...
    Äh... was war das noch gleich?

    (offizielle Definition und Erklärung, adaptiert von Top-Wetter.de)


    Der Jetstream zählt zu den sogenannten Strahlströmen.
    Strahlströme sind Starkwindbänder in der oberen Troposphäre. Sie markieren stets die Grenzlinie zwischen zwei unterschiedlichen Luftmassen.

    Definition laut WMO
    Laut der World Meteorological Organization (WMO) ist ein Jetstream definiert als ein starker, schmaler (Wind-)Strom, der entlang einer nahezu horizontalen Achse in der Troposphäre oder auch in der Stratosphäre konzentriert ist, der desweiteren durch starke vertikale und horizontale Windgeschwindigkeits-Gradienten (=Windscherungen) charakterisiert ist und der ein oder mehrere Geschwindigkeitsmaxima aufweist.

    Ah ja... richtig. Und was heißt das jetzt?

    Bedeutung der Definition
    Bei einem Jetstream handelt es sich also, einfach gesprochen, um einen langen, horizontalen und schmalen Starkwindschlauch. Zwecks einer einheitlichen Bezeichnung hat man sich international darauf geeinigt, daß solch ein Starkwindschlauch an mind. einer Stelle eine minimale Windgeschwindigkeit von 30 m/s (etwa 60 Knoten (1 Knoten = 1,852 km/h), also 111,12 km/h) erreichen muß, bevor man ihn als Jetstream bezeichnet. Schwächere Windbänder werden als kräftige Höhenströmung, aber eben nicht mehr als Jet angesehen. In der Praxis werden in Einzelfällen Windgeschwindigkeitsmaxima von mehr als 150 m/s (ungefähr 550 km/h) erreicht, und Werte um 200 bis 300 km/h sind keine Seltenheit.

    Phew... das fetzt ja!

    Finis Interludii


    Während also die Piloten aufgrund der dichten Wolkendecke unter ihnen den Erdboden nicht mehr sehen konnten, verursachte der ihnen frontal entgegenwehende Jetstream eine Verlangsamung ihrer Fluggeschwindigkeit. Somit kamen sie unwissentlich langsamer voran, als sie vorausberechnet hatten. Als dann der Pilot zur berechneten Uhrzeit den Sinkflug einleitete, in der Gewissheit, sie hätten die Bergkette längst hinter sich gelassen und befänden sich kurz vor Santiago de Chile, befand sich das Flugzeug tatsächlich noch diesseits der Berge und steuerte durch die Wolken hinab auf den Gletscher des Tupungato.

Absturzstelle Tupungato

zum Vergrößern auf die Bilder klicken

Panorama um die Absturzstelle am Tupungato

Was meinte der Funk-Offizier der "Star Dust" mit "STENDEC"?

    Da die Diskussion über den Sinn des Begriffes "STENDEC" etwas umfangreicher ist, hat diese Frage eine separate STENDEC-Seite verdient...






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